Der Bundesfinanzhof hat Ende Juli ein interessantes Urteil hinsichtlich des Kindergeldanspruchs eines im Ausland lebenden Elternteils gefällt.[1]
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Vater der beiden Kinder ist deutscher Staatsangehöriger. Er lebt und arbeitet in Deutschland. Die Mutter der Kinder, von der der Vater mittlerweile geschieden ist, ist zyprische Staatsangehörige und lebt mit den beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern mittlerweile in Zypern. Die Familienkasse hatte dem Vater ursprünglich Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen den an die Mutter gezahlten zyprischen Familienleistungen und dem deutschen Kindergeld gewährt. Später hob die Familienkasse diese Entscheidung jedoch auf und lehnte eine Kindergeldfestsetzung ab, weil die Kinder ja im Haushalt der Mutter leben würden. Der Klage des Vaters gegen diese Entscheidung wurde zunächst stattgegeben und das Finanzgericht stellte fest, dass die Mutter keinen vorrangigen Kindergeldanspruch habe. Hierauf legte die Familienkasse jedoch Revision ein, woraufhin der Bundesfinanzhof über die Revision der Familienkasse zu entscheiden hatte.
Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage des Vaters ab. Der Vater hat nach Auffassung des Bundesfinanzhofs keinen vorrangigen Kindergeldanspruch, vielmehr steht dieser der in Zypern lebenden Mutter der Kinder zu. Dieser Entscheidung liegt zugrunde, dass die Wohnsituation des im EU-Ausland lebenden Elternteils, hier der Mutter der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder, in das Inland fiktiv übertragen wird. Die Situation der gesamten Familie ist demzufolge so zu berücksichtigen, als ob alle beteiligten Personen unter die Vorschriften des für die Gewährung zuständigen Mitgliedstaats fielen, in diesem Falle der Bundesrepublik Deutschland, und dort wohnten.[2]
Würde die Mutter mit den beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern in einem Haushalt in Deutschland leben, stünde der Kindergeldanspruch der Mutter zu. Denn nach deutschem Recht wird das Kindergeld bei getrennten Elternteilen vorrangig an denjenigen ausgezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.[3] Der Bundesfinanzhof überträgt nun die für die Familie, würden alle Beteiligten in Deutschland leben, geltende Situation auf die komplexere tatsächliche Situation und belässt es bei dem vorrangigen Kindergeldanspruch der Mutter der beiden Kinder.
Damit schließt sich der Bundesfinanzhof der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs an und die Familienkasse hat nun nicht mehr über einen Kindergeldanspruch des Vaters zu entscheiden, sondern über den der Mutter der beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder.[4]
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[1] Urteil vom 13.07.2016, Aktenzeichen XI R 33/12
[2] sog. Wohnsitzfiktion
[3] Haushaltsaufnahme § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG
[4] https://www.haufe.de/steuern/rechtsprechung/kindergeldanspruch-des-im-eu-ausland-lebenden-elternteils_166_379416.html