Das Bundeskabinett hat gestern einen Gesetzesentwurf abgesegnet, nach dem Mütter von „Kuckuckskindern“[1] künftig die Identität des biologischen Vaters offenlegen müssen und „Scheinväter“[2] dann vom leiblichen Vater Unterhalt zurückverlangen können. Das Gesetz erfüllt demnach eine Auflage des Bundesverfassungsgerichts, dass bereits 2015 per Urteil eine gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch potentieller Scheinväter forderte.
Der Gesetzesentwurf stammt von Bundesjustizminister Heiko Maas und sieht vor, dass der „Scheinvater“ eines Kindes von der Mutter Auskunft verlangen kann, wenn er die eigene Vaterschaft wirksam anfechten kann. Eine solche Anfechtung der Vaterschaft kann erfolgen, wenn ein Gericht ein Abstammungsgutachten angeordnet hat, sodass ein Vaterschaftstest durchgeführt wird, dessen Ergebnis dann als gültiger Beweis gilt.
Liegt der Beweis für die Vaterschaft eines anderen als des Scheinvaters vor, muss die Mutter den leiblichen Vater oder die möglichen Väter des Kindes angeben. Der Scheinvater kann dann vom biologischen Vater Unterhaltskosten zurückfordern für einen zurückliegenden Zeitraum von bis zu zwei Jahren. Diese Begrenzung auf zwei Jahre begründete Maas damit, dass es unangemessen sei, „ein Familienleben über viele Jahre finanziell rückabzuwickeln“.
Ausnahmsweise kann die Mutter weiterhin von der Auskunftspflicht entbunden werden, falls schwerwiegende Gründe dafür vorliegen. Diese Prüfung obliegt den Gerichten, sodass diese gegebenenfalls die Unzumutbarkeit der Auskunft im Hinblick auf die Mutter feststellen.
Kritiker stellen fest, dass es dennoch bei der für den Scheinvater unangenehmen Situation bleibt, dass dieser nur zwei Jahre Zeit hat, seine Vaterschaft anzufechten. Außerdem wird es in Einzelfällen schwierig sein, den Anspruch gegen die Mutter durchzusetzen, wenn diese sich weigert den Erzeuger namentlich zu benennen. Zwar sind die Verhängung eines Ordnungsgeldes oder ersatzweise Ordnungshaft möglich, dennoch wird es schwierig den Anspruch faktisch durchzusetzen. Zudem begrenzt das Gesetz den Regressanspruch des Scheinvaters gegen den leiblichen Vater erheblich von zur Zeit Rückforderungsmöglichkeiten bis zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes auf nun nur noch zwei Jahre in die Vergangenheit.
Allerdings beinhaltet das Gesetz auch eine positive Komponente für den biologischen Vater, der durch den Auskunftsanspruch des Scheinvaters gegen die Mutter dann als glückliche Nebenfolge dieses Gesetzes von seiner Vaterschaft erfährt. [3]
Unklar ist, wie häufig es überhaupt Kuckuckskinder gibt. Vielfach kursierte in der Vergangenheit das Gerücht, dass 10 bzw. sogar 20% der Kinder nicht von dem Mann abstammen, der sie ahnungslos großzieht. Eine neue Studie aus Belgien korrigiert diese Zahl deutlich nach unten und stellt fest, dass es sich lediglich bei 1 bis 2% der Kinder um Kuckuckskinder handelt.
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[1] Als Kuckuckskind bezeichnet man ein Kind, dessen Vater nicht sein biologischer Vater ist, weil die Mutter es mit einem anderen Mann zeugte. Die Mutter lässt allerdings das Kind und seinen Scheinvater in dem Glauben sie seien miteinander blutsverwandt. Diese umgangssprachlich verwendete Bezeichnung beinhaltet eine Kritik am Verhalten der Mutter, die ihrem Partner ein mit einem anderen Mann gezeugtes Kind unterschiebt.
[2] Als Scheinvater bezeichnet man den rechtlichen Vater des Kuckuckskindes. Dies ist dem deutschen Familienrecht zufolge der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist oder der vor dem Standesamt die Vaterschaft offiziell anerkannt hat. Dieser hält sich jedoch für den Erzeuger, wurde also bewusst von seiner Partnerin in die Irre geführt.
[3] Quellen: http://www.sueddeutsche.de/leben/familie-wer-ist-der-vater-des-kuckuckskindes-1.3141943-2; https://www.tagesschau.de/inland/kuckuckskinder-auskunftspflicht-101.html; http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kuckuckskinder-familienrechtsanwaeltin-zum-neuen-gesetz-a-1110332.html; http://www.spiegel.de/gesundheit/sex/kuckuckskinder-sind-viel-seltener-als-gedacht-a-1085512.html;