Heute schreibe ich über ein Thema, welches mir in meinem Alltag mit meinem Kind ganz besonders am Herzen liegt und für welches wir kleine Rituale gefunden haben.
Ich schreibe über diesen Raum, der entsteht, wenn mein Kind am Sonntagabend aus dem Umgangswochenende vom Papa nach Hause kommt. Wir knüpfen nicht nahtlos bei Freitagmorgen Frühstück und ab zur Schule an, denn dazwischen war für uns beide eine andere Zeit und während ich in meiner Vorfreude auf Minime die Minuten zähle, hängt dieser im Abschied fest.
Auszug aus meinen Gedanken an so einem typischen Sonntag:
Ich: Noch eine Stunde, dann kommt er. ich freue mich so. Freut er sich auch? Oder wird er traurig sein?
Es klingelt. „Mami, ich bin wieder da! Tschüss Papa, bis zum nächsten Mal! Komm‘ wir warten noch und winken, bis er weg ist, ja Mama? … ‚Mami, ich bin traurig, dass Papa nicht da ist. Mami, ich vermisse ihn!“
Ich rücke ein bisschen dichter an mein Kind heran und flüstere „Ich verstehe Dich!“
Ich bin mit meiner ganzen Präsenz da und richte den Fokus auf das, was gerade angesagt ist: Der Traurigkeit meines Kindes einen Raum anzubieten. So wie ich es tun würde, wenn es mir von etwas berichtet, auf das es sich freut. Dann tauschen wir Fragen dazu aus und sagen gefühlte 20x „Ach, das wird toll!“.
„Für uns sind das letztlich kleine Rituale, die es uns ermöglichen, dem Gefühl meines Kindes
einen Platz zu geben und uns liebevoll wieder in Verbindung zu bringen
nach einem Umgangswochenende.“
Was fällt mir also in solchen Situationen nach einem Abschied ein? Z.B.:
„Lust auf Badewanne? Ich zähle auch Sekunden, wie lange Du tauchst!“ oder
„Wollen wir zusammen ein Hörbuch hören und Abendbrot machen?“ oder
„Nimm‘ Dein Schnitzmesser mit, wir gehen mit dem Hund in den Wald.’“…
Für uns sind das letztlich kleine Rituale, die es uns ermöglichen, dem Gefühl meines Kindes einen Platz zu geben und uns liebevoll wieder in Verbindung zu bringen nach einem Umgangswochenende.
Manchmal erzählt mein Sohn mir, was er erlebt hat, manchmal auch nicht. Manchmal auch erst im Laufe der Woche.
Irgendwann an so einem typischen Sonntagabend kommt dann meistens eine stürmische Umarmung. Dann denke ich immer „Jetzt ist er angekommen; er ist wieder zu Hause.“
„… Gefühle zu sensibilisieren, die da sein können … .“
Jedes Kind geht mit einem Wechselmodell – sicherlich auch in Abhängigkeit weiterer Faktoren (Alter, Frequenz, Entfernung zwischen den Elternteilen etc.) – anders um bzw. findet andere Ausdrucksformen für das, was es fühlt.
Beobachten Sie Übergangsrituale bei Ihren Kindern oder erleben Sie Abläufe, die immer an einem Übergabetag stattfinden? Z.B.:
Vielleicht fängt das Kind an, sein Zimmer nach einem solchen Wochenende auf-, um- oder auszuräumen, oder ist lauter oder stiller als sonst?
Vielleicht streitet es dann grundsätzlich erst einmal mit einem Familienmitglied?
Vielleicht schläft es?
Vielleicht stürzt es sofort aus der Tür, um sich noch mit XY zu treffen?
Mir geht es in diesem Beitrag darum, für Gefühle zu sensibilisieren, die da sein können und bei denen es manchmal schon reicht, wenn sie einfach nur gesehen und damit gewürdigt werden. Aus meiner Erfahrung muss es auch nicht mit Worten auseinandergenommen werden. Meistens reicht ein „Ich höre Dich, ich fühle Dich und ich bin da“.
Bei positiven Gefühlen ist es ein leichtes, aber ich beobachte häufig, dass das, was unangenehm ist, ignoriert und unter den Teppich geschoben wird. Ich möchte also eine Lanze brechen für die Integration von Traurigkeit, Wehmut, Trauer, Wut und wie sie alle heißen. Denn sie gehören auch zu uns und wollen in der Regel auf etwas sehr gutes hinweisen.
Ich sage meinem Kind immer, wir brauchen auch die Traurigkeit, weil wir sonst ja nicht wüssten, dass es Fröhlichkeit gibt.
Alles Liebe,
Ihre Sina Töpfer