Inhaltsverzeichnis
- Familiengerichtliche Gutachter
- Was lässt sich gegen schlechte Gutachter vor Gericht tun?
- Beweisbeschluss für ein familiengerichtliches Gutachten
- Was darf der Richter auf familiengerichtliche Gutachter übertragen?
- Gibt es Qualitätsanforderungen an familiengerichtliche Gutachten?
- Muss ich an einer familiengerichtlichen Begutachtung teilnehmen?
Familiengerichtliche Gutachter
In Verfahren vor dem Familiengericht sind oft familiengerichtliche Gutachter tätig. Gerade wenn es um die Frage des Umgangs oder Sorgerechts geht fehlt den Familiengerichten oft die Fachexpertise, die benötigt wird, um die psychologischen Fragen des Kindeswohls zu klären. Daran ist prinzipiell nichts auszusetzen. Leider aber sind diese familiengerichtliche Gutachten meist von sehr fragwürdiger Qualität, werden nicht überprüft und nehmen die Entscheidung des Gerichtes vorweg.
Was lässt sich gegen schlechte Gutachter vor Gericht tun?
Zunächst sollte die Frage geklärt werden, welche Frage der Gutachter eigentlich beantworten soll. Schon um diese Frage vor Gericht beantwortet zu bekommen bedarf es oft der nachdrücklichen Arbeit eines Spezialisten für Kindschaftsrecht. Klarheit über den Auftrag eines familiengerichtlichen Gutachters ist jedoch von höchster Bedeutung für das weitere Verfahren. Hier, vor Beginn der Begutachtung durch (schlechte) familiengerichtliche Gutachter, wird der Rahmen für ein faires und tatsächlich sachorientertes Gutachten gesetzt.
Beweisbeschluss für ein familiengerichtliches Gutachten
Der Beweisbeschluss für ein familiengerichtliches Gutachten muss klar und präzise in seiner Aufgabenstellung sein. Vor allem aber darf der Richter die ihm übertragenen Aufgaben nicht an einen familienpsychologischen Gutachter übertragen. Der Richter ist alleine dafür zuständig Rechtsfragen zu klären. Diese Aufgabe darf er nicht delegieren. Tut er dies doch, so liegt ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) sowie das Gebot des fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) vor.
Was darf der Richter auf familiengerichtliche Gutachter übertragen?
Nun, der Richter darf nur Tatsachenfragen übertragen. Oder andersherum: Er darf die Beantwortung von Wertungs- oder Rechtsfragen nicht dem familienpsychologischen oder anderen familiengerichtlichen Gutachter überlassen. Unzulässig sind damit Beweisbeschlüsse die die Kernfrage der rechtlichen Würdigung dem Gutachter übertragen. Kernfrage eines Sorgerechtsverfahrens ist z.Bsp.: „Welche Sorgerechtsentscheidung entspricht dem Kindeswohl am besten?“. Diese Beantwortung dieser Frage ist Kernaufgabe der rechtlichen Wertung des Richters. Sie kann nicht an einen familiengerichtlichen Gutachter übertragen werden. Beispiele für solche unzulässigen Beweisbeschlüsse gibt es viele, aus meiner Praxis einige wenige Beispiele:
Welche Umgangsregelung entspricht dem Kindeswohl am besten?
Wie müsste das Sorgerecht aus Kindeswohlgesichtspunkten geregelt werden?
Entspricht der Umgang mit dem Kindesvater/der Kindesmutter dem Kindeswohl?
Generell darf ein Beweisbeschluss den Begriff „Kindeswohl“ eigentlich nicht enthalten. Denn „Kindeswohl“ ist ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ist aber eine Rechtsfrage und damit unübertragbare Kernaufgabe des Richters. Ein familiengerichtlicher Gutachter kann diese Fragen auch gar nicht beantworten, da ja gar nicht geklärt ist, was der Begriff „Kindeswohl“ überhaupt bedeutet. Es mag einen psychologischen Begriff des „Kindeswohls“ geben, im Rahmen der hier gestellten Fragen an einen familiengerichtlichen Gutachter handelt es sich aber um den für die Entscheidung erheblichen Rechtsbegriff.
Die Fragen, welche übertragen werden dürfen müssen also konkrete, spezifische Tatsachenfragen sein. Zum Beispiel:
Schadet der Kontakt mit dem Kindesvater / der Kindesmutter der psychischen Gesundheit des Kindes nachhaltig?
Beeinträchtigt der ständige Streit über das Sorgerecht zwischen den Eltern das Kind in seiner psychischen Gesundheit dauerhaft und erheblich?
Gibt es Qualitätsanforderungen an familiengerichtliche Gutachten?
Ein informativer Beitrag des ndr zu diesem Thema findet sich unter folgendem Link:
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Familiengerichte-Jedes-zweite-Gutachten-mangelhaft,gutachten132.html
Familiengerichtliche Gutachten müssen (wie auch alle anderen gerichtlichen Gutachten) wissenschaftlichen Mindestanforderungen genügen. Dabei handelt es sich nicht einfach um ermüdende Formalanforderungen. Denn nur durch die Einhaltung wissenschaftlicher Qualitätskriterien lässt sich sicherstellen, dass die aus dem Gutachten später beruhende Entscheidung auf unabhängigen, möglichst objektiven Beobachtungen und Erkenntnissen beruht.
Leider zeigt sich in der Praxis, das dies oft nicht eingehalten wird. Eine Untersuchung der Fernuni Hagen zur Qualität von Gutachten kommt zu erschreckend schlechten Ergebnissen.
Was sind also Qualitätsmerkmale familiengerichtlicherGutachten?
Wer darf Gutachter sein?
Es sollte die passende Qualifikation vorliegen. Psychologen für psychologische Fragestellungen, Psychiater für psychiatrische, Pädagogen für Pädagogische Fragen. Gutachten ausgebildeter Rechtsgutachter sind meist qualtitativ erheblich besser.
Fragestellung und Hypothese in familiengerichtlichen Gutachten
Der Gutachter sollte eine eindeutig zu erkennende und klar benannte psychologische/psychiatrische/pädagogische Fragestellung aus der Fragestellung des Beweisbeschluss herleiten. Diese muss auch erkennbar sein als abgrenzbare, deutlich als solche zu erkennende Hypothese.
Methode familiengerichtlicher Gutachten
Der familienpsychologische Gutachter muss eine wissenschaftliche Methode wählen, welche zur Beantwortung der Fragestellung und Überprüfung der Hypothese geeignet ist. Dabei sollte jedenfalls kurz erläutert werden, ob die Methode wissenschaftlich anerkannt ist und ob und wenn ja in Bezug auf welchen Aspekt es Kritik an der Aussagefähigkeit der Methode gibt. Weiterhin sollte erläutert werden, wie der Ablauf der Anwendung der Methode ist und wie verlässlich die Ergebnisse sind.
Anwendung der Methoden in familiengerichtlichen Gutachten
Diese Methode muss auch korrekt angewendet werden. Die Bedingungen der Anwendung müssen erläutert werden.
Schlussfolgerung familiengerichtlicher Gutachten
Die Schlussfolgerung muss die Frage beantworten und die Hypothese verifizieren oder falsifizieren. Die muss erkennen lassen, wie sie anhand der methodischen Kriterien aus der Anwendung der Methode hergeleitet wurde. Kurz: Schlussfolgerungen in familienpsychologischen Gutachten müssen nachvollziehbar sein.
Muss ich an einer familiengerichtlichen Begutachtung teilnehmen?
Nein. Es gibt keine Rechtsgrundlage jemanden zur Teilnahme an familiengerichtlichen Gutachten zu zwingen. Familiengerichtliche Begutachtungen sind freiwillig. Die Verweigerung der Teilnahme an familiengerichtlichen Gutachten kann auch nicht negativ und/oder positiv bewertet werden. Dies ist bis zum BGH und BVerfG durch entschieden.